'Kritische Zeiten'. Österreichische Gesellschaft für Soziologie, Kongress 2023: 'Vater, Vater, Mutter, (Wunsch)Kind

Vom 3. bis 5. Juli 2023 fand nach 4 Jahren pandemiebedingter Pause an der Wirtschaftsuniversität Wien der Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie unter dem Titel 'Kritische Zeiten' statt.

Stefan Ossmann präsentierte in der Sektion Familienforschung, konkret im Panel mit dem Titel 'Von der Krise der Familie zur kritischen Familienforschung' am 4. Juli 2023. Der Beitrag trägt den Titel 'Vater, Vater, Mutter, Wunschkind. Rechtliche Grenzen und soziale Stigmatisierung polyamoröser Familien in Österreich'. Folgend der Abstract des Vortrags.

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Nach Ansicht zahlreicher Sozialwissenschaftler machen Ehe und Familie eine Krise durch, vereinzelt ist sogar vom ‚Tod der Familie‘ die Rede. Andere (...) betonen die Kontinuität und Stabilität der Familie.“ (Peukert, 2012, p. 1) Mit diesem Statement beginnt der Sozialwissenschafter sein Werk „Familienformen im Sozialen Wandel“. Dabei bedient er sich neben dem Abgesang auf die heterosexuelle Ehe unterschiedlichsten Patchwork-Familienkonzepten, bleibt aber bei geplanter Familiengründung beim Konzept von zwei (monogamen) Personen. Der Sexualwissenschafter Sigusch (2005, p. 35). folgt einem ähnlichen Verständnis, er verwendet den Begriff ‚Diversifikation‘, um das Schrumpfen, Deregulieren und Entwerten der traditionellen Familie, einhergehend mit der Vervielfältigung von Beziehungs- und Lebensformen zu beschreiben Ein Jahrzehnt später illustriert er in seinem Lexikon ‚Sex-ABC‘, wie die Zukunft von intimem Zusammenleben aussehen könnte (Ossmann, 2021, p. 232): Polyamorös, in seiner Definition intimes Zusammenleben mehrerer erwachsener Personen.

Letzteres ist per se nicht illegal, und wird weder heterosexuelle, homosexuelle, noch Patchwork-Familienmodelle in eine Krise stürzen; wenn allerdings Personen in polyamorösen Beziehungen rechtliche Absicherung suchen, tun sich multiple Krisen auf: Keine Ehe oder eingetragene Partner*innenschaften für drei oder mehr Personen; keine Vaterschaftsanerkennung für mehr als einen Vater; keine Sozialleistungen wie Mitversicherung zu mehrt. Neben diesen legalen Einschränkungen kommen Aspekte sozialer Diskriminierung (z.B. aus dem Familien-, Freundes-, oder Arbeitsumfeld) sowie nicht-Akzeptanz durch die mongamen queeren Community hinzu.

Wie Betroffene in Österreich mit diesen Herausforderungen umgehen, möchte ich auf der ÖGS-Konferenz 2023 exemplarisch mit Beispielen aus einem vom FWF finanzierten Dissertations-Forschungsprojekt zum Thema Polyamorie illustrieren, für das ich auf (selbst erhobene) narrativ-biographische Daten von 33 Interviewpartner*innen im Alter zwischen 22 und 65 Jahren aus insgesamt 13 Polykülen zurückgreife – und diese Ergebnisse im Kontext internationaler Publikationen kontextualisiere.

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Copyright: Stefan Ossmann